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30.09.2022 Kategorie: Wort

Erntedankfest?!

Am Sonntag feiern wir das Erntedankfest. Die prächtigen Erntekronen sind zu bestaunen, Altäre und Kirchen sind wundervoll geschmückt. Aber – mal ehrlich – haben wir dieses Jahr überhaupt einen Grund zu danken? Die Corona-Pandemie ist noch lange nicht ausgestanden. In meinem persönlichen Umfeld erlebe ich gerade eine ziemlich große Zahl von Infizierten und Erkrankten. Die Auswirkungen des Klimawandels sind von Jahr zu Jahr stärker zu spüren. Der schreckliche Krieg, seitdem Putins Russland im Februar die Ukraine überfallen hat. In der Folge explodieren bei uns die Energiepreise, sodass viele Menschen nicht wissen, ob sie im kommenden Winter ihre Wohnung noch heizen können. Wofür sollten wir da danken können.

Aber dennoch! Selbst wenn vieles so schwer geworden ist. Wenn ich mich nicht nur oberflächlich beklage, sondern genau hinschaue, sehe ich viele gute Gründe, dankbar zu sein. Die Schnelligkeit gehört dazu, mit der Wissenschaft und Forschung wirksame Impfstoffe entwickelt haben, die mit dazu beitragen, dass heute nur noch sehr wenige Menschen schwer an Corona erkranken. Dankbar bin ich für die große Hilfsbereitschaft hier bei uns, mit der die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine unterstützt wurden und immer noch werden, die enorme Spendenbereitschaft. Und jetzt erlebe ich, dass in der Diakonie, in unserer Kirche schon längst Initiativen entwickelt werden, wie Menschen, die es nötig haben, im Winter unterstützt werden können. Es wird nachgedacht über Wärmestuben, über Kinderbetreuung, über warme Mahlzeiten und manches andere.

Ja, natürlich wäre es besser, wenn Corona keine Rolle mehr spielen würde. Ja, ich wünsche mir eine friedliche Welt ohne Krieg. Aber das Leiden ist in unserer Welt, ob wir wollen oder nicht. Und darum bin ich sehr dankbar, dass da Menschen sind, die sich für andere einsetzen, die helfen, wo immer Hilfe nötig ist. In der Kirche versuchen wir, das, was möglich ist, dazu zu tun. Darum können und sollen wir am Sonntag ein Dankfest feiern.

Dazu wird in vielen Kirchen sicher das alte, bekannte Lied von Matthias Claudius gesungen:

„Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land,

doch Wachstum und Gedeihen steht in des Himmels Hand:

Der tut mit leisem Wehen sich mild und heimlich auf

und träuft, wenn heim wir gehen, Wuchs und Gedeihen drauf.

Alle gute Gabe kommt her von Gott, dem Herrn,

drum dankt ihm, dankt; drum dankt ihm, dankt und hofft auf ihn!“

(Ev. Gesangbuch, Nr. 508)

Beitrag von Propst Jens Höfel