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25.11.2020 Kategorie: Wort

anders und längst nicht sinnlos

Niemals zuvor in meinem nun auch nicht mehr kurzen Leben habe ich so unmittelbar gespürt, was es bedeutet, sich gemeinschaftlich zu sehnen nach Erlösung. Ich habe keinen Krieg erleben müssen – Gott sei es ehrlich gedankt. Und ich bin auch nie arbeitslos und wirtschaftlich ruiniert geworden. Aber nun sehnen wir uns gemeinsam danach, dass die Pandemie sich ausläuft und es ein Ende hat mit den vielen Beschränkungen, also erlöst zu werden von den bedrückenden Folgen des Coronavirus. Als ob die Pandemie uns aufzeigt, was Adventszeit und Weihnachtsfest tatsächlich in der Tiefe bedeuten. Uns fehlt in diesem Jahr, was sonst immer wie selbstverständlich dazugehört hat: Lieder singen, Besinnlichkeit spüren, gemeinschaftlich feiern. Selbst wer religiös nicht interessiert ist, kann eben nicht im Pulk zum Glühwein auf den Adventsmarkt oder mit Kolleginnen zur betrieblichen Weihnachtsfeier.

Schon immer ist die originale Adventszeit erfüllt von Sehnsucht nach dem Einen, der erlösend und rettend auf uns zukommt. Advent ist erwartungsfrohe Wartezeit und Weihnachten ist das Fest der erlösenden Liebe Gottes: der Retter, der Heiland, der Erlöser ist tatsächlich da in Jesus Christus! Gott hat Wort gehalten und erfüllt seine Verheißungen! Dem Gefühl nach spiegelt unsere Freude über einen tauglichen Impfstoff geradezu den jubelnden Lobgesang der Engel „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede bei den Menschen seines Wohlgefallens“ (Lukas 2,14). Göttliche Erlösung für unser Leben und Streben, für unsere Seele, unser Gemüt – sie ist schon längst da und sie gilt allen, die sie haben wollen! Gratis. Ohne Glaubenspflicht. Einfach so. Advent bereitet uns darauf vor, genau diese Botschaft von göttlicher Gnade und Liebe auf- und anzunehmen. Weil wir uns wirklich nach ihr sehnen. Weil sie uns unendlich wichtig ist. Gerade weil wir in diesem Jahr längst nicht alles so machen können wie gewohnt, haben wir die Chance aufzuwachen aus der Ruhe der Tradition.

Nein, es ist nichts wie sonst. Aber es ist doch nicht Nichts da. Die Kirchengemeinden werden so viel wie erlaubt möglich machen, um Advent zu begehen und Weihnachten zu feiern – mit ursprünglichem Sinn: erfüllte Sehnsucht nach Erlösung. Gott sei Dank! In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen, in der morgen beginnenden Adventszeit und dann ab Heiligem Abend in der Weihnachtszeit nicht über Mangel zu klagen, sondern von Herzen einzustimmen in die jubelnde Freude der Engel: Christ, der Retter ist da!

Beitrag von Pfarrer Martin Fiedler