Eine bekannte Geschichte Jesu begleitet uns an diesem Wochenende: eine Geschichte vom Suchen und Finden, eine großartige Familiengeschichte, es ist die Geschichte vom verlorenen Sohn oder von den zwei Brüdern oder vom barmherzigen Vater. Das pralle Leben eben.
Unterschiedliche Vorstellungen vom Leben in Fülle und so viele Emotionen sind dabei mit im Spiel: Aufbruch ins Neue, Ausbruch aus allen Konventionen, mutig ins Unbekannte, Absturz ins Bodenlose, treues Beieinanderbleiben, Bewältigung eines manchmal auch mühevollen Alltags in der Familie, unausgesprochene Selbstverständlichkeiten – da finden sich bedingungslose Liebe, Scham und Reue, Verzweiflung und Freude, unerwartetes Angenommensein, Neid, Kränkung und zerstörerische Eifersucht.
Beim wem finden Sie sich wieder? Ist dir jemand in diesen Tagen nah von den Akteuren?
Ich kann mich hineinversetzen in die Freude des Vaters, mein Kind wieder vor mir zu haben; kann das Glück nachempfinden, es im nächsten Moment in die Arme zu schließen. Und zugleich ahne ich eine Verunsicherung. Ich ahne ein Zurückweichen. Für mich spielt keine Rolle, was in der Zeit seit dem Weggang geschehen ist. Aber ist es wirklich egal? Ist meine Freude, meine Liebe vielleicht zu überwältigend, zu bedrängend, zu einengend?
Wie wird es dem heimkehrenden Sohn ergangen sein? Das gibt es, dass du im Leben etwas verbockt hast, was du selber nicht mehr richten kannst. Wo nichts hilft, als zuzugeben: Ich kann hier nichts mehr geradebiegen. Wo ein anderer/eine andere sagen muss: Schnitt, Neustart. Das macht nichts ungeschehen, aber es ist dann nicht das Ende.
Gebeugt, verschämt ist die Haltung bei der Ankunft, er will nur die erwartbaren Vorwürfe über sich ergehen lassen. Eigentlich wäre er lieber woanders. Aber er hat keine Ahnung, wo er hin soll, wo er sonst überleben könnte.
Und der andere Sohn, der ältere Bruder? Der, der Zuhause geblieben ist, der zuverlässig Tag um Tag, Jahr um Jahr auf dem Hof geschuftet hat. Alles wurde so selbstverständlich genommen, hätte er dafür nicht mal ein bisschen Anerkennung, ein wenig Wertschätzung erfahren können? Der Bruder dagegen hat sich nicht geschert um das, was mal werden würde, wenn die Alten nicht mehr können, einfach auf und davon, hat was von der Welt gesehen. Muss er ihm nicht alles aufrechnen? Darf er dem Vater vorhalten, dass er es als zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit empfindet, wenn er den Bruder so mir nichts dir nichts wieder in seine Arme schließt?
Das Ende bleibt offen.
Aber die Einladung Jesu gilt: Freut euch! Schaut nicht auf das, was die Menschen versäumt haben. Schaut nicht auf das, was ihr für unzulässig haltet oder was ihnen misslungen ist. Freut euch über alle, die umkehren, die Gott suchen. Egal, was ihn oder sie von Gott getrennt hat.
Was bleibt, sind die geöffneten Arme und ein Blick, der sagt: Komm doch. Du bist es wert!