Zwei große silberne Glocken stehen vor der Lutherkirche in Bad Harzburg. Sie sind ein beliebtes Fotomotiv. Für Kinder sind sie auch ein spannendes Kletterobjekt. Oft wird gefragt, warum die Glocken hier stehen. Viele schöne Gespräche haben sich daraus schon ergeben zwischen Unbekannten. So haben die beiden Glocken sich zu Botschafterinnen der Verbundenheit entwickelt, die man sehen und anfassen kann.
Normalerweise sind Kirchenglocken vor allem zu hören. Drei hängen im Turm der Lutherkirche in einem eichenen Glockenstuhl. Sie läuten mal einzeln, dann wieder in verschiedenen Kombinationen gemeinsam. Je nachdem, wie der Wind steht, klingen sie lauter oder leiser über die Stadt. (Sie rufen zu Gottesdiensten. Sie fordern auf zum Gebet bei Beerdigungen, jubeln bei Taufen und Hochzeiten. Sie laden ein zu Konzerten. Früher haben sie in Notlagen gewarnt. Mit ihrem regelmäßigen Stundenschlag waren sie als öffentliche Zeitansagerinnen wichtig. Wer länger an einem Ort lebt, empfindet den Glockenklang als Klangraum der Heimat.)
Es sind ganz unterschiedliche Gelegenheiten, in denen die Glocken ihre Stimme erheben. Dabei ist ein Gedanke immer der gleiche: Sie erzählen der Gemeinschaft von der Lebensschwelle eines Menschen oder einem wichtigen Lebensmoment einer Gruppe. Dabei schwingt mit das Vertrauen, dass die Quelle allen Lebens darin wirksam ist. Von ihr wird Schutz und Segen erhofft. Der Klang der Glocken verbindet Erde und Himmel, Menschen und Gott.
Seit zwei der drei Glocken der Lutherkirche vor einigen Jahren neu gegossen wurden, läutet die mittlere täglich um 12 Uhr. Sie möchte zum kurzen Innehalten anregen. Friedensgedanken sind ihr Anliegen. Mancher nimmt sich dann Zeit, spricht für sich das Vaterunser und weiß sich verknüpft mit anderen Friedenssuchenden in der Stadt und auf der ganzen Welt.
Wie wichtig Zeichen der Verbundenheit sind, ist aktuell hautnah spürbar. Das Virus Covid-19 macht Abstand und Voneinandergetrenntsein zum Mittel der Wahl, um mit den Mitmenschen wohlwollend auszukommen. Doch je länger es dauert, desto größer wird auch die Sehnsucht, seine Freunde zu sehen, seine Liebsten n die Arme zu schließen oder ganz schlicht sich mit einer vertrauten Gruppe zu treffen. Wie also kann man die Trennung überbrücken? Eine Idee ist, dass während der Virus-Ausnahmezeit in der ganzen Landeskirche Braunschweig um 12 Uhr die Glocken läuten. Der Glockenklang ruft die Botschaft aus, dass es gemeinsam besser gelingt, hoffnungsvoll zu bleiben. Wer möchte, kann dazu ein weiteres Gebet zu sprechen:
„Herr, unser Gott, lass uns jetzt im Glauben zusammenstehen. Stärke unser Vertrauen und unseren Mut. Unsere Worte und unsere Taten mögen von Liebe erfüllt sein. Sei bei allen, die krank sind, sich Sorgen machen oder Angst haben. Segne alle, die ihnen helfen. Schenke uns allen Geduld und Kraft. Das bitten wir dich durch Jesus Christus. Amen“

