So viele warten auf ein Wunder – bei familiären Konflikten, am Krankenbett, in den Hospizen. Ein Wunder bräuchten wir wahrscheinlich dringend für unsere kranke Erde, der zunehmend der Kollaps durch den Klimawandel droht. Und auch an den Verhandlungstischen kann wohl nur noch ein Wunder die Mächtigen dieser Welt auf den Weg des Friedens bringen. Möge doch endlich ein Wunder geschehen in Israel und Palästina, im Heiligen Land, dass dort Frieden werde und an unzähligen weiteren Orten unserer Welt. Wir warten sehnsüchtig – auf ein Wunder…
Im Evangelium für diesen Sonntag wird von Markus erzählt, dass Jesus nach Kapernaum kommt. Es entwickelt sich ein echter Flashmob, plötzlich sind sie alle da und werden immer mehr - ein übervolles Haus, jede Menge Menschen, und mitten drin vier Freunde, die vor nichts zurückschrecken, und irgendwo dazwischen auch Jesus und ein gelähmter Mann ohne Namen.
Anschaulich skizziert Bert Hitzegrad dazu in seiner letztjährigen Predigt: Tonstücke, Lehm und Holz fallen vom Dach herunter. Das Dach wird geöffnet und der Himmel leuchtet hinein in den ohnehin bis auf den letzten Platz gefüllten Raum. Die Freunde vertrauen darauf, dass Jesus helfen, heilen, aufrichten kann, die gebeutelte Seele wie auch die toten Gebeine und es gelingt ihnen, das Bett, wahrscheinlich eine schlichte Matte, vom Dach genau vor Jesu Füße zu manövrieren. Der Gelähmte fällt nicht heraus, tut sich nicht weh, landet sanft vor dem, den der Himmel schickt. Und Jesus sieht seine innere Lähmung, seine Blockaden, seine Schuldgefühle, die ihn trennen von Gott, seinen Mitmenschen, von seinem eigenen Bemühen, Gutes zu tun -und hilft, heilt. Bestimmt freut sich der Mann, während er seine Matte nimmt und versucht, seinen Weg durch die Menschenmenge zu gehen – vorsichtig und tastend noch, denn er konnte seine Beine lange nicht gebrauchen, nun tragen sie ihn in eine neue Zukunft, einem neuen Leben entgegen. Er ist mit sich und mit Gott und der Welt im Frieden.
Wir dürfen den Frieden, den Gott schenkt, dankbar annehmen und fröhlich unsere Straße ziehen. Und zugleich bleibt allerdings zu fragen: Wem werden wir zum Wunder, das Lähmungen löst und neue Perspektiven schenkt? Welches Dach graben wir auf, welche Ecke von der Matte halten wir, um Jesus all den Schmerz der Welt vor die Füße zu legen?
Ich wünsche jeder und jedem von uns die Offenheit für ein kleines (oder großes) Wunder, das vielleicht nicht gleich alle Wunden, allen Weltschmerz heilt, aber eine Seele, einen Menschen wieder aufrecht und froh, wieder frei und hoffnungsvoll ins Leben gehen lässt.