Suche

Nachrichten Ansicht

News

31.05.2022 Kategorie: Wort

Bete und arbeite!

Das ist die Regel des Benedikt von Nursia, die nicht nur alle Benediktinermönche auswendig kennen. Bete und arbeite! Zwei wichtige und gute Sätze, die eine ganz tiefe Wahrheit enthalten.

Beten gibt Kraft und Beten hilft. Auch für Jesus ist es völlig selbstverständlich, dass Beten hilft und dass Gott die Gebete erfüllt: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.“ (Lukas 11,9). Ja, für Jesus gibt es keinen Zweifel: Beten hilft, denn Gott hört und Gott gibt. Auch wenn er vielleicht nicht das dringend Erwünschte gibt, den Heiligen Geist gibt er bestimmt. Ich weiß, bei manchem melden sich jetzt im Stillen viele Vorbehalte. Hilft Gott wirklich? Antwortet er überhaupt, und gibt er wirklich denen, die darum bitten? Und es werden einem je länger man nachdenkt, immer mehr Gegenbeispiele einfallen wo Menschen, so dringend und unverschämt gebetet und gebettelt haben, und nichts hat sich getan. Beispiele wie aus dem anderen Ende Europas, Beispiele aber auch aus dem Freundes- und Familienkreis, vielleicht sogar aus dem eigenen Leben. Bitten und Beten ja Flehen um Frieden, Gesundheit, Glück oder einfach nur angenommen zu werden - und nichts wurde erfüllt. Bekommen wir, um was wir bitten?

Die ehrliche Antwort darauf kann nur "Nein!" heißen. Wir bekommen nicht alles, um das wir bitten.

Auch an Jesus ging der Kelch nicht vorüber, wie er es erbeten, ja erfleht hatte. Denn Gott ist nicht der Erfüller unserer Wünsche. Wir bekommen nicht, was wir wollen; aber wir bekommen, was wir sollen. Wir können nicht die Hände in den Schoß legen und meinen, Gott werde es schon irgendwie richten. Zum Beten und Hoffen gehört auch das Arbeiten. Und zum Arbeiten und zum rechten Tun gehört das Beten. Bete und arbeite - es gibt wohl keine schlichtere und zugleich klarere Lebensregel als diese. Wir sollen das tun, was wir können. Wir müssen aber auch nicht mehr tun, als wir können. Kein Mensch soll zum Übermenschen werden. Aber es soll auch kein Mensch das Nötige unterlassen. Und die Arbeit des Nötigen soll begleitet werden durch das Gebet,

Aber diese eine Frage bleibt trotzdem immer: Hilft das Beten? Ich kann das nur ganz persönlich beantworten: Ja, es hilft. Beten hilft mir nicht beim Erfüllen meiner Wünsche. Aber Beten hilft mir beim Abgeben, beim Loslassen meiner Wünsche und beim Warten auf Gott. Und das ist ein großes Glück, denn es nimmt auch eine große Last von meinen Schultern. Beten macht die Schwachen stärker, weil sie Sorgen und Nöte abgeben und Gott bitten können, sich dieser anzunehmen. Beten macht aber auch die Starken etwas milder, weil sie Gott danken können für Hilfe und Beistand. Und wenn ich beten kann: „Dein Wille geschehe“, dann kann ich auch einer ungewissen Zukunft „getroster“ entgegen sehen und gehen. Gott sei Dank, dass ich beten kann.

Beitrag von Pfarrer Oliver Meißner