Manche träumen von einer radikalen Umverteilung des Kapitals von oben nach unten. Andere sinnieren über die Triebkraft eines ungehemmten Wirtschaftskapitalismus. Die einen sagen: die Reichen müssen endlich dazu gezwungen werden, reichlich Geld dem Gemeinwohl zur Verfügung zu stellen! Andere meinen: jeder ist sich selbst der Nächste und seines Glückes eigener Schmied und nur das bringt Erfolg und Wohlergehen. Im Diskurs dieser alternativen politischen Konzepte stehen wir und wenn es gut geht, wird eine mittlere Linie gehalten. Niemand soll einfach so zu kurz kommen und es wird versucht, diese moralische Selbstverpflichtung politisch zu steuern. Und Steuerung „von oben“ ist immer schwierig und so manchen Mitmenschen lästig, weil und wenn sie nicht auf ungeteilte und allgemeine Zustimmung trifft.
Wie von selbst ginge es, würden wir uns – im Bild gesprochen – von „ganz oben“ steuern lassen. Von Gott, der uns Menschen durch Jesus Christus gezeigt hat, wie wir in Wahrheit ein Mensch sein und trotz unserer Unterschiedlichkeiten miteinander auskommen könnten. Der biblische Wochenspruch für den morgigen Sonntag bringt es auf eine kurze Formel: Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. (Galaterbrief 6,2) Natürlich ist hier nicht ein juristisches Gesetz von Jesus Christus gemeint, welches er erlassen hätte. Sondern vielmehr geht es um die „Gesetzmäßigkeit“ seiner Botschaft, nämlich um die konsequente Hinwendung zum uns jeweils Nächsten. In einer christlichen Gemeinde kann es funktionieren, dass die Lasten des Lebens nicht jede und jeder selber schultern muss, sondern wir sie einander abnehmen und mittragen. Und zwar, weil wir mit diesem Prinzip völlig einverstanden sind und es nicht aus Pflichterfüllung tun, sondern weil es zutiefst unserem christlichen Gottvertrauen entspricht. Einen steuernd eingreifenden Staat bräuchte es so gar nicht, wenn alle die Last des jeweils Nächsten mittragen. Solidarisch. Zugewandt. Ohne egoistisches Gehabe und Gemeckere. Und ohne moralische Vorhaltungen. Das wäre doch was! Oder ist es zu lästig, Lasten gemeinsam zu tragen?