Nun gelten in unserem Land wieder erhebliche Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens. Der „Lockdown light“ – wie diese Maßnahmen bezeichnet wurden – ist zwar nicht ganz so drastisch wie im Frühjahr, bringt aber doch große Belastungen für uns alle. Zwar bleiben Kindergärten und Schulen und auch die Einzelhandelsgeschäfte geöffnet, aber Restaurants und Cafés mussten schließen, viele Veranstaltungen mussten und müssen abgesagt werden und im privaten Bereich müssen Feiern und Familientreffen abgesagt werden. Ich hoffe sehr, dass die Eindämmung der Pandemie mit diesen Maßnahmen gelingt, damit sich unser aller Leben irgendwann wieder normalisiert.
In den Kirchengemeinden sind die Gruppen, Kreise und Veranstaltungen für den November abgesagt. Das musste so sein. Aber anders als im Frühjahr dürfen wir in den Kirchen jetzt weiter Gottesdienste feiern, wenn auch mit einigen Auflagen. Das ist für viele Menschen eine Kraftquelle in dieser schweren Zeit. Die Gemeinschaft im Gottesdienst – natürlich mit dem nötigen Abstand – tut gut!
Und ebenfalls anders als im Frühjahr dürfen die Kirchen täglich offen bleiben. Ich weiß, wie wichtig es manchen ist, sich aus dem Getümmel des Alltags für ein paar Minuten herausnehmen zu können und sich für ein paar Minuten des Gebets oder einfach nur der Stille in eine Kirche zurückzuziehen. Hin und wieder gelingt mir das auch. Dann sitze ich einfach für ein paar Minuten für mich allein in unserer Lutherkirche und lasse die Gedanken schweifen.
Manchmal kommt mir dabei ein Lied, eine Melodie in den Sinn. In dieser Zeit ist das häufig ein Kirchenlied von Johann Friedrich Räder aus dem Jahr 1848:
Harre meine Seele, harre des Herrn;
alles ihm befehle, hilft er doch so gern!
Sei unverzagt, bald der Morgen tagt,
und ein neuer Frühling folgt dem Winter nach.
In allen Stürmen, in aller Not
wird er dich beschirmen, der treue Gott.
(Ev. Gesangbuch, Nr. 593)
Eigentlich mochte ich dieses Lied nie so richtig. Jetzt aber habe ich es ganz neu für mich entdeckt. Die Hoffnung auf den neuen Frühling, der nach dem Winter kommt, ist es, die jetzt tragen kann – durch den dunklen und trüben November hindurch, durch die Corona-Zeit hindurch. Gerade in den letzten Tagen hat die Hoffnung neue Nahrung bekommen. Ermutigende Meldungen über einen Impfstoff wurden veröffentlicht. Hoffen wir, dass die Forschung auf diesem Weg weiter so gut vorankommt. Lassen wir uns von der Hoffnung tragen.
Für die nächsten Wochen wünsche ich Ihnen alles Gute mit einer weiteren Zeile aus dem Lied: Wenn alles bricht, Gott verlässt uns nicht; größer als der Helfer ist die Not ja nicht.
Bleiben Sie gesund und behütet!
Ihr Jens Höfel,
Propst in Bad Harzburg

