Nicht nur das Tun, sondern alles, auch Fühlen, Denken, Reden soll in Liebe geschehen. So sagt es die Jahreslosung. "Alles in Liebe!". Klingt ein bisschen wie Vanillepudding mit Erdbeersoße - süß und lieblich. Das klingt auch nach Nicht-genau-Hinsehen, nach Verschweigen und Überdecken, nach Alle-Fünfe-grade-sein-lassen, nach "alles-wird-gut". Alles in Liebe...
Aber Liebe ist nicht bind oder dumm, Liebe blendet nicht Unliebsames aus, sondern schließt das Problematische mit ein. Sonst wäre es nicht Liebe. Sonst wäre es eher Betrug. Was wäre eigentlich, wenn bei uns wirklich alles in Liebe geschehen würde? Das wäre revolutionär! Liebe, die alles Denken und Handeln, Reden und Schweigen durchdringt, würde unsere Welt verändern, wie eine Revolution. Die Liebe, auf Englisch "Love", steckt schon im Wort Revolution. Die Liebe ist schon da und will entdeckt werden. Revolution - das ist radikale Veränderung der herrschenden Bedingungen und Verhältnisse.
"Alles in Liebe" als Motto für unser Fühlen, Denken, Reden und Tun für dieses Jahr. Passend, oder? Was erleben wir derzeit an Lieblosigkeiten?! Was erleben wir an zurechtgeschobenen "Wahrheiten", an Schönreden und Verschweigen, an Empörung oder Teilnahmslosigkeit. Stellen Sie sich vor, Sie würden da, wo es für sie möglich ist, das Hochgekochte nicht weiter befeuern, das Verschwiegene benennen, das allzu laut Behauptete befragen. Stellen sie sich vor, Sie würden versuchen, einen Streit zu beenden, einen abgebrochenen Kontakt wiederherzustellen, vielleicht jemanden um Entschuldigung bitten. Ja, Sie haben Recht, das gäbe eine Menge zu tun und manches zu erleiden, aber viel zu gewinnen.
Ihr Jens Höfe, Propst
